Darf man mit 80, 90 … oder sogar 100 Jahren noch Auto fahren? Da die Bevölkerung altert und gleichzeitig aktiv bleibt, ist diese Frage umstritten. Unfälle mit älteren Fahrern heizen die Debatte erneut an. Die Antworten sind jedoch nicht so einfach, wie wir denken …
Senioren am Steuer: Das Bedürfnis nach Autonomie, aber zu welchem Preis?
In Frankreich überrascht eine wenig bekannte Tatsache oft: Der Führerschein ist lebenslang gültig. Mit anderen Worten: Personen ab 95 Jahren können weiterhin Auto fahren. Und das ist keine Ausnahme: Im Jahr 2023 besaßen mehr als 64 % der Franzosen ab 65 Jahren ein Auto. Für viele ist es ein unverzichtbares Instrument zur Unabhängigkeit, eine Art Erweiterung ihrer Freiheit.
Doch mit zunehmendem Alter lassen die Reflexe nach, das Sehvermögen lässt nach und die Konzentration kann nachlassen. Diese natürlichen Veränderungen im Leben können das Autofahren zu einer echten Herausforderung machen.
Zunehmende Beteiligung an schweren Unfällen
Die Zahlen sprechen für sich: Fahrer über 75 sind an etwa 15,2 % der Verkehrstoten beteiligt. Dieser Prozentsatz steigt stetig an. Es gibt jedoch keine gesetzliche Regelung, die systematische medizinische Untersuchungen ab einem bestimmten Alter vorschreibt.
2024 wurde auf europäischer Ebene ein Reformprojekt vorgeschlagen: die Einführung eines speziellen Führerscheins für Fahrer über 70 mit obligatorischer medizinischer Untersuchung. Diese Initiative wurde von einigen als sinnvoll, von anderen jedoch als zu diskriminierend angesehen. Ergebnis: Die Maßnahme wurde nicht verabschiedet.
Nicht das Alter ist das Problem, sondern die Gesundheit.
Laut der Französischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie sollte das Alter nicht als solches stigmatisiert werden. Die Geriaterin Sylvie Bonin-Guillaume und Dr. Philippe Lauwick, Präsident des Automobile Club Médical de France, betonen: „Das Alter an sich ist keine Kontraindikation für das Autofahren.“ Ältere Fahrer passen ihre Gewohnheiten oft automatisch an: Sie meiden Kurzstrecken, Autobahnen oder Nachtfahrten und wählen vertraute Strecken.
Eine ärztliche Untersuchung kann jedoch sinnvoll sein. Ein einfacher Arztbesuch reicht nicht aus: Nur ein von der Präfektur anerkannter Arzt kann die Fahreignung offiziell beurteilen. Es handelt sich daher um ein geregeltes Verfahren, das aber noch zu selten durchgeführt wird.
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